Altenprojekt - Der Besuch der Zeitzeugen
Am ersten Donnerstag jeden Monats organisiert das Gymnasium Heißen das sogenannte Altenprojekt. Dabei begrüßt die Schule etliche Senioren zu Gesellschaftsspielen, Kaffee und Kuchen sowie netten Gesprächsrunden. Dies war auch am 04.05.23 der Fall, denn wir veranstalteten, wie gewohnt, das Altenprojekt, jedoch war es diesmal ganz besonders, denn zwei Zeitzeugen, Horst Heckmann und Ulrike Stocks, waren zu Besuch, welche ihre Erlebnisse und Gefühle aus der (Nach-) Kriegszeit erzählt haben.
Heckmann und Stocks, welche 1928 und 1934 geboren wurden, gaben uns hautnahe Einblicke in das grausame Kapitel der deutschen Geschichte. Sie erzählten von dem weit verbreiteten Antisemitismus, welcher den Kauf von jüdischen Läden verbot. Zudem berichteten die Zeitzeugen von dem Leben am Existenzminimum: durch die Geld- und Lebensmittelknappheit florierte der Schwarzmarkt. Die kleinen Nahrungsvorräte, die sie damals zur Verfügung hatten, opferten sie für Familienmitglieder und litten an großem Hunger, welche sich schnell in eine noch größere Trauer verwandelte. Die Zeitzeugen hatten ebenfalls Lebensmittel dabei, die aber nicht zum Verzehr, sondern zur Darstellung der damaligen Kriegsumstände mitgebracht wurden. Beispielsweise hatten sie 50g Zucker, 50g Fett und einzelne Scheiben Brot dabei, welche der Demonstration eines Nahrungsvorrates von einer Woche dienen sollten. Dies hat verschiedene Reaktionen hervorgerufen, zum einen mussten die älteren Gäste an ihre eigenen Erlebnisse bezüglich der Nahrungsknappheit denken und zum anderen waren die Schülerinnen und Schüler erschüttert von den damaligen Lebensumständen.
Später kamen die Zeitzeuginnen und Zeitzeugen auf Adolf Hitler zu sprechen und erzählten von seinem Talent, die Masse mit seinen Reden zu begeistern und zu überzeugen. Heckmann behauptet sogar, er sei damals wie ein „Popstar“ angesehen worden und gewann die Bewunderung vieler Mädchen für sich.
Erzählungen, die uns Schülerinnen und Schülern besonders nah gekommen sind, waren jene aus der Schulzeit. Der damalige Führer und seine Taten wurden in den Schulen stets beschönigt und glorifiziert. Das vorherrschende Regime spiegelte sich in dieser Institution wider: nämlich autoritär. „[…] Obwohl die Lehrer mir auch oft mit dem Stock in die Hand geschlagen haben. Die Jungen wurden noch deutlich härter gezüchtigt.“, so Frau Stocks. Des Weiteren erledigten die Schülerinnen und Schüler ihre Hausaufgaben in einem Bunker, während draußen die Bomben gefeuert wurden.
Ulrike Stocks teilte uns weitere persönliche Details ihres Lebens mit, wie beispielsweise, dass ihr eigener Vater ein Soldat war. Sie hatte ihren Vater gerne besucht, doch der Aufenthalt war stets von kurzer Dauer, denn sobald der Zug näher rückte, musste sie ihn wieder verabschieden. Der Bahnhof sei zudem mit Leichen überschüttet gewesen.
Die Zeitzeugen, Horst Heckmann und Ulrike Stocks, haben vor allem ihre Erlebnisse und Gefühle aus der (Nach-) Kriegszeit mit uns geteilt, welche verschiedene Emotionen hervorgerufen haben, wie zum Beispiel Trauer und Gefühle von Mitleid.
An diesem besonderen Altenprojekt leisteten nicht nur die Zeitzeugen, sondern auch die anderen anwesenden Senioren wertvolle Aufklärungsarbeit. Wir Schülerinnen und Schüler des Gymnasium Heißen sind dankbar für die Möglichkeit, den Zeitzeugen eine Stimme zu geben und die erschütternden Erlebnisse hautnah mitzunehmen. Auch, wenn die Zeit des Nationalsozialismus in vielen Fächern, wie Geschichte und Erziehungswissenschaften abgedeckt wird, war es ein Privileg, die Erfahrungen dieser Generation zu hören und weiter verbreiten zu können, sodass auch, wenn diese Generation eines Tages nicht mehr leben wird, ihre Geschichten nicht mit ihnen sterben.
Berra Önalan (Q1) mit Hilfe von Inga Halfwassen und Mia Naskidashvili (beide 6d)