„Heißen Schreibt“- AG und ihre kreativen Lieblingswort-Miniaturen

„Heißen Schreibt“- AG und ihre kreativen Lieblingswort-Miniaturen
Im Rahmen eines Projektes der Ruhr-Universität Bochum schrieben Studierende kurze Texte über persönliche Lieblingsworte in ihrer Muttersprache. Diese Idee übernahm die AG „Heißen schreibt“ -die beiden außergewöhnlichen Texte sprechen für sich, wir präsentieren sie Euch/Ihnen. Viel Freude beim Lesen und „Eintauchen“.

Victoria Lubarski-Goldbeck und Markus Schemm


Zeit


Zeit. Sie verfolgt uns alle. Ob beim Nachdenken, Lesen, Training oder in der Schule. Überall hin nimmt sie uns, oder zerren wir sie mit uns hinterher?
Irgendwann ist der Gedanke hinfort, das Buch gelesen und das Training beendet. Irgendwann ist die Englischarbeit, für die man zwei Wochen lang gelernt hatte, geschrieben. Irgendwann ist alles vorüber. Nicht vorbei, es hat vielleicht noch Auswirkungen auf die Zukunft, aber für den Moment vorüber. Und wenn es dann so ist, dann fühlt es sich so an, als wäre es gestern gewesen, als man aufgeregt durch das Zimmer gehüpft ist, weil man Konzertkarten gekauft hatte. Als hätte man in einem Moment noch 2016 gehabt, den Tag, an dem man in die Schule kam, und im anderen Moment war man schon dreizehn, hatte nichts, außer einem Leben voller Angst, dessen Alltag von irgendwelchen Pflichten begleitet wurde, in der Hand. Angst, nicht richtig zu leben, nicht jeden Moment zu genießen, nicht genug Kraft zu haben. Angst, zu scheitern, am Leben, an der Weise, wie man es lebte.

Das Schlimme ist, es geht alles so schnell. Einen Gedanken zu denken, diesen Text hier und jetzt, um 00:01 Uhr zu schreiben, ihn jetzt gerade vorzulesen. In meinem Kopf die Zeilen durchzugehen, auf Fehler prüfen, nach Ideen in meinem Kopf zu suchen, um meine größte Angst in Worte zu fassen. Zeit. Jede Sekunde. Jede Minute. Jede Stunde. Jeden Tag. Jeden Monat. Jedes Jahr. Jedes Leben. Jeden einzelnen Moment gibt es nur einmal. Einmal auf der Welt, denn vielleicht leben wir alle zur gleichen Zeit, jedoch erleben wir dies hier gerade alle anders. Ihr hört zu. Ich lese vor. Ein anderer läuft von der Schule nach Hause. Noch jemand feiert seinen Geburtstag. Alles passiert gleichzeitig. Zu schnell. Zu hektisch. Und ich weiß, irgendwann bin ich 18 und hab mein Leben in der Hand, ohne, dass ich es bemerke. Denn irgendwann werde ich nach einem Job suchen oder für meinen Führerschein lernen. Das Schlimme ist, irgendwann ist gar nicht mehr so weit entfernt, irgendwann wird sein. Ob man will oder nicht. Irgendwann heiratet man im besten Falle, bekommt zwei Kinder, wird alt mit ihnen und stirbt. Irgendwann. Und man kann rein gar nichts dagegen tun. Ist Zeit letztendlich unser Feind, oder hilft uns Zeit, zu leben? Hilft uns Zeit im Leben? Hilft uns Zeit, zu lächeln, aufzuschauen, zu genießen, zu träumen und zu sehen, was vor uns liegt? Oder bringt sie beim Nachdenken doch nur Druck? Wer weiß. Irgendwann wird man es vielleicht wissen.


Irgendwann.

Katharina, 8e

 

Novalunosis
The state of relaxation and wonderment, experienced while gazing upon the stars


"Der Zustand der Entspannung und Faszination beim Blick auf die Sterne"

Die Nacht wird immer kälter, doch mein Blick ruht auf den Sternen.
Faszinierend, wie immer mehr in meinem Blickfeld aufleuchten, wie weit das Sternengesprenkelte schwarz reicht.
Wie weit alles doch in Wirklichkeit ist, wie man darin versinken kann.
Tausende Gedanken gehen mir durch den Kopf, und doch zieht es mich aus der kalten Realität, aus dem einsamen Feld, von dem aus man den Sternenhimmel am besten sehen kann.
Als hätte das unvorsichtige Kind Naturglitzer auf einer schwarzen Leinwand verschüttet, glimpsen die Sterne mit jedem Blick, in jedem Winkel anders auf und immer mehr werden von der Nacht aufgedeckt, einer heller als der andere.
Tausende glühende Feuerbälle zieren den Himmel, in Millionen Metern Entfernung, ich blicke in die Vergangenheit und in die Zukunft zugleich, erfüllt mit unendlicher Faszination und doch ist das, was vor mir liegt erschreckend. Erschreckend groß, erschreckend unerreichbar. So schrecklich zeitlos. So wunderschön.
Novalunosis. No-va-lu-no-sis.
Das ist es also, was ich da spüre.
Mit jedem Stern den ich am Himmel erblicke.
Mit jedem Atemzug kalter Nachtluft
Mit jedem Wimpernschlag.
Unendlich.


Leonora, 8e

 

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